„Die Weiterentwicklung der Innenstadt ist eine gemeinsame Aufgabe“
Wie können Aachener*innen ihre Stadt aktiv mitgestalten? Welche Themen bewegen die Menschen – und wie wird aus Ideen echte Veränderung? Wir haben mit City-Managerin Kyra Pfeil gesprochen. Sie setzt sich dafür ein, dass Bürger*innen echte Mitwirkungsmöglichkeiten erhalten.
9. Mai, das letzte Zwischenfest am Büchel. Mehr als nur ein Stadtfest, sagt Kyra Pfeil, City-Managerin in der Abteilung Stadt der Zukunft und Bürger*innendialog der Stadt Aachen. Sie sieht darin einen experimentellen Ort mit großer Bedeutung: „Ein wahnsinnig toller urbaner Experimentierraum“ sei der Büchel.
Über mehrere Jahre habe die SEGA aus einem ehemals unattraktiven Ort einen Raum der Begegnung geschaffen – geprägt durch Zwischennutzungen, Austausch und die Möglichkeit zur Beteiligung. Dass solche Räume in der Stadtentwicklung essenziell sind, steht für sie außer Frage: Sie bieten Impulse, fördern Dialoge und bringen Menschen zusammen, die sonst selten aufeinandertreffen.
Stadt gemeinsam gestalten – und Räume schaffen
„Die Weiterentwicklung der Innenstadt ist eine gemeinsame Aufgabe“, meint Kyra Pfeil. Es brauche das Zusammenspiel von Stadtverwaltung, engagierten Menschen, Initiativen, Händler*innen und Eigentümer*innen. Das Citymanagement der Stadt Aachen entwickelt deshalb aktuell eine sogenannte Tool-Box für Beteiligung in der Innenstadt, die drei zentrale Zugänge – Geld, Raum und Dialog – zusammenführt und transparent macht. Schrittweise sollen so neue Instrumente entwickelt werden, die das Mitmachen und Mitreden systematisch fördern.
Auch neue Räume wie die von Aachen, was geht?! geplanten Talenträume, also konsumfreie Lern- und Begegnungsorte, sieht sie als wichtige Bausteine. Solche Orte müssten offen sein für Mitgestaltung und flexibel nutzbar bleiben. Wichtig sei auch, dass sie zugänglich sind – nicht nur räumlich, sondern auch sozial. Kyra Pfeil: „Wir brauchen mehr von diesen Orten – und müssen sie auch bewusst ermöglichen.“
Stadt im Wandel: Mut, Vielfalt und Experiment
Was braucht Aachen noch, um zukunftsfähig zu sein? „Mut“, sagt Kyra Pfeil ohne Zögern. Mehr Räume für Vielfalt, mehr experimentelle Formate, mehr Beteiligung jenseits der formellen Wege. Sie nennt das Beispiel des Büchelgartens – ein kleiner, selbstverwalteter Garten, der polarisiert, aber genau dadurch zur Debatte einlädt. „Man muss nicht immer alles durchplanen – es braucht auch die Bereitschaft, Dinge einfach mal zuzulassen.“
Ein konkretes Beispiel, wo Beteiligung bereits Wirkung zeigt: Anfang April fand ein Workshop mit rund 80 Stadtmacher*innen aus Verwaltung und Stadtgesellschaft statt. Aus den Impulsen sind zum Beispiel zwei Mitmach-Aktionen hervorgegangen, die noch im Mai und Juli realisiert werden – gemeinsam mit lokalen Akteur*innen. „Nicht alles lässt sich immer direkt umsetzen, aber wir versuchen, konkrete Ideen möglichst schnell sichtbar werden zu lassen“, betont Pfeil.
Zuhören, vereinfachen, einladen
Wie gelingt es, auch Menschen zu beteiligen, die sonst selten mitreden – etwa junge Leute oder Menschen mit wenig Zeit? Ein zentraler Schlüssel ist die Sprache. „Wir müssen weg vom Planer-Sprech“, meint Pfeil. Informationen müssten verständlicher, zielgerichteter und alltagsnäher vermittelt werden. Außerdem geht der Bürger*innendialog bewusst hin zu den Menschen vor Ort, statt Beteiligung nur zentral zu organisieren. So wird über Kooperationen mit Schulen, über Quartiersmanager*innen und wiederkehrende Ansprachen, zum Beispiel über das AachenPanel, gezielt versucht, neue Gruppen zu erreichen.
Themen, die dabei vor allem in der Innenstadt immer wieder aufkommen, sind unter anderem die Aufenthaltsqualität für Kinder, Jugendliche und Familien, konsumfreie Orte, mehr Stadtgrün und Erholung. Konzepte wie das Premiumfußwegenetz oder Förderungen zur Fassaden- und Dachbegrünung zeigen bereits, in welche Richtung sich Aachen bewegen wird.
Blick in die Zukunft
Den zukünftigen Büchel und sein Umfeld wünscht sich Kyra Pfeil als einen Ort, der mutig, lebendig und vielfältig ist. Ein Begegnungsort für alle – mit Aufenthaltsqualität, kulturellem Angebot und Neugier auf das, was Stadt alles sein kann. Das Konzept für das Haus der Neugier sei ein vielversprechender Baustein dafür. „Wenn man an einem Ort anfängt, entsteht oft eine Kettenreaktion“, so Pfeil. Und genau das sei auch das Ziel: Stadt gemeinsam weiterdenken – Schritt für Schritt, Idee für Idee.
Das Gespräch führte Tim Theile