„Ich fürchte, dass nicht alle Geschäfte die Baustelle überleben werden“
Von der besonderen Flaniermeile zur Dauerbaustelle: Dem Einzelhandel in der Jakobstraße setzt die Situation zunehmend zu. Didi Eylert hofft jetzt auf die Weihnachtszeit, damit ihr Schmuckgeschäft die schwierige Phase übersteht. Dafür wünscht sie sich auch aktivere Hilfe von der Stadt.
Von Anja Nolte
„Über Jahrzehnte hat sich unsere Straße zu einer besonderen Flaniermeile mit vielen kleinen, inhabergeführten Geschäften entwickelt“, erzählt Didi Eylert. Seit 45 Jahren führt sie einen Laden für individuellen Schmuck an der Jakobstraße, die seit 2022 zu einem Premiumfußweg umgestaltet werden soll. Was zu einer zusätzlichen Aufwertung führen wird, bereitet aktuell einigen Läden große Probleme: „Ich fürchte, dass nicht alle Geschäfte die Baustelle überleben werden, die es unseren Kunden seit anderthalb Jahren schwer macht, uns zu erreichen. Ein Café hat bereits aufgegeben, ein weiterer Laden steht auf der Kippe. Das Weihnachtsgeschäft ist für einige von uns entscheidend.“
Pause macht die Baustelle in der Vorweihnachtszeit aber nicht. Das neue Ziel: eine Fertigstellung bis April 2024. Es stellt sich nur die Frage, ob alle Geschäfte dann noch da sind. „Ich wünsche mir eine aktivere Hilfe von der Stadt“, sagt die Inhaberin von mancherlei.
yonu: Welche Auswirkung hat die Baustelle auf Ihr Geschäft?
Eylert: Dass die Leute hier in der Jakobstraße keine Bummellaune mehr haben. Unsere Stammkunden kommen noch, aber diejenigen, die von außerhalb kommen, haben teilweise Schwierigkeiten, zu uns zu finden. Aachen hat mittlerweile den Ruf, dass sich der Versuch, in unsere Innenstadt zu kommen, aufgrund der vielen Baustellen und Sperrungen gar nicht mehr lohnt. Probleme gibt es in der Jakobstraße jetzt seit vier Jahren: Die Corona-Zeit wurde nahtlos von der Baustelle abgelöst. Hinzu kommen die Inflation, Kriegsängste, der Online-Handel. Die Faktoren kann man kaum auseinanderhalten. Aber für uns ist es teilweise echt schwierig.
yonu: Was müsste in der Jakobstraße passieren?
Eylert: Dass das Kapitel „Baustelle“ schnell abgeschlossen ist. Dass die Stadt Aachen dann auch etwas unternimmt, dass sie den Premiumfußweg aktiv bewirbt. Die Leute haben es sich ja abgewöhnt, hier entlangzugehen. Man kommt ja nicht einmal mehr mit dem Fahrrad hier durch. Ich würde mir wünschen, dass die Stadt zum Beispiel ein Einweihungsfest veranstaltet.
In gewisser Weise ist die Stadt ja bemüht: Wir haben uns getroffen und uns wurde gesagt, dass es Fonds gibt, beispielsweise für Aktivitäten, Gestaltung, Werbung und Ähnliches. Aber das ist alles Arbeit und kostet Energie – man muss Anträge ausfüllen, Kostenvoranschläge einholen und Genehmigungen einholen –, und diese Energie haben wir im Moment einfach nicht mehr. Ich würde mir eine aktivere Hilfe wünschen.
Auch die Bauarbeiter selbst bemühen sich, sie arbeiten wirklich viel und zügig. Allerdings kommt es jetzt für einige von uns auf das Weihnachtsgeschäft an. Dass die Baustelle in dieser Zeit nicht stoppt, ist echt hart. Ich denke, dass ich das überlebe, aber das gilt vielleicht nicht für alle. Ein Café hat bereits zugemacht, ein Geschäft steht auf der Kippe. Wie es um meinen Laden steht, werde ich Weihnachten sehen – und nächstes Jahr wird die Straße ja dann wieder attraktiv.
yonu: Was erhoffen Sie sich vom Bürgerrat? Denken Sie, dass hilfreiche Effekte erzielt werden können?
Eylert: Das wäre schön. Die Idee finde ich gut, die finde ich richtig. Ich weiß nur nicht, wie viel davon ankommt und wie viel dann davon umgesetzt wird und umgesetzt werden kann. Viele Dinge, die mich hier stören, die liegen in politischen Entscheidungen oder behördlichen Anordnungen und Vorschriften. Die Baustelle wurde jetzt ein Jahr überzogen – vieles hätte schneller gehen können, wenn es nicht immer wieder die Auflage gegeben hätte, an dem einen Tag zuzumachen, am nächsten Tag wieder auf, dann kommt der Teer wieder drüber und dann wieder ab. Das sind alles bürokratische Vorschriften, die das hier in die Länge ziehen. Da kann auch ein Bürgerrat nichts dran machen.
Grundsätzlich ist der Bürgerrat aber eine gute Sache und ich hoffe, dass er etwas bringt. Was uns jetzt aber wirklich helfen würde, wäre, wenn die Leute trotzdem zu uns kommen. Schön wäre auch Weihnachtsbeleuchtung, aber das schaffen wir kräftemäßig einfach nicht mehr. Wenn die Stadt das einfach machen könnte, dann wäre das toll. Aber ich schätze, dass sie das leider auch nicht kann.
Foto: Anja Nolte