Europaquartier ohne Autobahn in Aachen

Neues „Europaquartier” ohne Autobahn?

Published On: 23/08/2024

Seit der Sperrung der A544 liegt die Fläche am Europaplatz in weiten Teilen brach. Doch wird nach den Bauarbeiten alles wieder so sein wie zuvor? Studierende der RWTH zeigen, wie sich der Stadtteil stattdessen umgestalten ließe.

Von Calvin Meyer

Unter dem Titel „Europaquartier – studentische Entwürfe für einen neuen Stadteingang” stellen Studierende des 3. Bachelorsemesters Architektur im Technologiezentrum Aachen (TZA) ihre Konzepte aus. Auf einer Gesamtfläche von knapp 50 Hektar wurden innovative städtebauliche und landschaftsarchitektonische Ansätze erarbeitet. Die Ausstellung zeigt sieben ausgewählte der ingesamt 42 entstandenen Entwürfe, die in Gruppenarbeit von über 200 Studierenden entstanden sind.

Die Fläche, mit der sich die Studierenden beschäftigt haben, liegt rund um die A544 zwischen dem Europaplatz und der Anschlussstelle Rothe Erde. Aufgrund des Neubaus der Haarbachtalbrücke wird die Autobahn seit Monaten nicht genutzt. Südlich grenzt ein Wohn- und Gewerbegebiet an, wo es derzeit viel Leerstand gibt. Dieses Gebiet möchten die Studierenden zu einem modernen Wohn- und Gewerberaum umgestalten.

Kern der Vision ist die permanente Stilllegung des Autobahnabschnitts. Die A544 würde dann bereits am Berliner Ring enden. Der Planraum ist südlich durch die Breslauer Straße und nördlich durch das Gut Kalkofen begrenzt. Der Europaplatz selbst wurde in die Planung einbezogen.

Grüne Mixed-Use Fläche statt grauem Industriegebiet

Die Ideen der Studierenden sind divers. Ein Entwurf sieht eine Hochhausreihe entlang der alten Autobahn vor, ein anderer eine autofreie Straße mit Anschluss an die geplante Regiotram. Manche Vorschläge sehen einen Rückbau vor, um die Autobahn als Barriere zwischen dem Quartier und den bestehenden Grünflächen aus dem Weg zu schaffen. In manchen Entwürfen weicht auch der Brunnen am Europaplatz anderen Ideen.

Gemeinsam ist allen Konzepten aber eine ähnliche Grundidee: Das neue Quartier soll für Mixed-Use entwickelt werden, autofrei sein und große öffentliche Grünflächen beinhalten. Die Planungen wirken auf den ersten Blick radikal, sind aber keinesfalls utopisch. Den Studierenden war die praktische Umsetzbarkeit wichtig. Wenn auch in verschiedenen Ausmaßen, legen alle Entwürfe Wert auf den Erhalt von Baubestand. Statt von vorne anzufangen, soll die bestehende Fläche neu genutzt und durch Verdichtung ergänzt werden.

Das „Europaquartier” soll als neuer Eingang in die Stadt fungieren. Hier sollen die Menschen wohnen und arbeiten, Alt und Jung sollen gemeinsam leben. Durch den Erhalt mancher Gebäude soll außerdem eine Gentrifizierung vermieden werden.

Die Stadt zeigt Interesse an den Ideen

Am Abend der Ausstellungseröffnung diskutierten Experten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung die studentischen Entwürfe. „Das ist grundsätzlich machbar”, lautete die Einschätzung von Verkehrsplaner Axel Springsfeld zur Frage, ob der Verkehr auch ohne die Anschlussstelle Europaplatz funktionieren könnte. Lediglich ein Ausbau des Berliner Rings sei notwendig, um Probleme zu vermeiden.

Insbesondere ein Entwurf wurde auch in der Stadtverwaltung positiv aufgenommen. Die Gruppe „Kolonnade” sieht in ihrem Konzept vor, die Autobahn zurückzubauen und dort einen Parkweg einzurichten. Ein rot gefärbter Fußgängerweg wird zum Kern des neuen Viertels und ein wichtiger Aufenthaltsraum. Die Wahl der Farbe, ebenso wie der Erhalt bestimmter Gebäude, soll das industrielle Erbe des Quartiers bewahren.

Ein weiteres Anliegen des Entwurfs ist der Naturschutz: Grüne Finger sollen weit in das Gebiet hinein reichen. Im Norden ist ein Überflutungsgebiet vorgesehen, wo jetzt die Autobahn verläuft. Die Gruppe hat während ihrer Arbeit am Konzept festgestellt, dass es im Planraum aufgrund der Versiegelung des Bodens viele Hochwasserschäden gibt. Die Renaturierung der Wurm, die Einführung von natürlichen Bodenbelägen und die offene Fläche am Nordende sollen das Quartier künftig vor Hochwasser schützen.

Dieser Vorschlag wird bereits von der Stadt zur weiteren Ausarbeitung gefördert. Konkrete Pläne zur Umsetzung bestehen aber noch nicht.

Die Ausstellung ist bis zum 10. Oktober im Foyer des TZA (Dennewartstraße 25-27) zu sehen. Informationen über die einzelnen Entwürfe sind vor Ort über QR-Codes abrufbar.