Friedhöfe: Mehr als ein Raum für Trauer
Friedhöfe machen einen bedeutenden Teil der Grünflächen in Aachen aus. Bei der künftigen Nutzung dieser Flächen sollen Klimafolgenanpassung und Naherholung eine größere Rolle spielen. Bürger*innen können Ideen einbringen.
Von Alexander Plitsch
Auf einer Fläche von 108 Hektar erstrecken sich die acht Friedhöfe der Aachener Innenstadt. Das sind, um es in der liebsten Einheit der Deutschen auszudrücken: stolze 154 Fußballfelder. Das entspricht immerhin 30 Prozent der innerstädtischen Grünflächen.
Westfriedhof I und II, Hüls, Ostfriedhof, Forst, Lintert, Waldfriedhof und Heißberg: Geplant wurden die Flächen dieser Friedhöfe in den 1970er Jahren. Heute zeigt sich, dass man seinerzeit von einem deutlich größeren Platzbedarf für die Friedhöfe ausgegangen ist. Insbesondere die zunehmende Urnenbestattung führt dazu, dass viele Flächen nicht mehr für die Friedhöfe benötigt werden.
Von „Überhangflächen“ spricht der Aachener Stadtbetrieb, der für die Friedhöfe zuständig ist. Einige dieser Flächen, die sich am Rand der Friedhöfe befinden, können einfach für die sonstige Stadtplanung freigegeben werden. Der Großteil liegt jedoch mitten auf den Friedhöfen. Diese Flächen möchte der Stadtbetrieb nutzen, um Ökologie und Biodiversität zu fördern.
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen unterstützt das Vorhaben im Rahmen des Projektes „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ mit 630.000 Euro. Das Geld soll genutzt werden, um sämtliche Biotope auf den Friedhöfen zu kartieren, Blühstreifen anzulegen, Bäume zu pflanzen und Bereiche zu entsiegeln. Ein ähnliches Projekt läuft bereits seit 2022 für die Friedhöfe in den Aachener Bezirken.
Friedhöfe als Orte der Erholung
Wo Grabreihen aufgelöst wurden, könnten neu gepflanzte Bäume und Sträucher zur Heimat von Singvögeln und Blühstreifen zum Unterschlupf für Insekten werden. Wenn asphaltierte Wege entsiegelt werden, kann mehr Regen in den Boden gelangen und gespeichert werden – ein wichtiger Punkt angesichts des Klimawandels.
Neben dem ökologischen Aspekt geht es auch um die Aufenthaltsqualität. „Friedhöfe sind Orte für Ruhe und Erholung“, sagt Indra Balsam, Betriebsleiterin des Aachener Stadtbetriebs. „Sie sind eine kleine, grüne Oase im Straßentrubel, die mehr sind als ein Raum der Trauer. Sie sind ein Treffpunkt für Begegnungen und bieten das Potential, mit Bäumen und parkähnlichen Bereichen, neu genutzt zu werden. Dazu müssen wir die Friedhöfe als Orte der Erholung mehr in das Bewusstsein bringen.“
So soll etwa ein Demenz- und Sinnesgarten auf dem Friedhof Hüls entstehen. Verschiedene Erlebnis- und Aufenthaltsbereiche sollen Möglichkeiten bieten, die Natur mit ihren Pflanzen zu sehen, zu fühlen, zu riechen und zu schmecken.
Der Erholungswert der Grünflächen soll mehr ins Bewusstsein gerückt werden. Dabei sollen auch Wünsche der Bürger*innen berücksichtigt werden: Sitzgelegenheiten, kleine Spielplätze, ein Bücherschrank – vielfältige Ideen sind gefragt. Der Stadtbetrieb lädt dazu ein, anonym an einer Online-Befragung teilzunehmen.
Zusätzlich werden an den Friedhöfen in der Innenstadt Kästen mit Umfragezetteln angebracht, die bis Ende Juli ausgefüllt wieder abgegeben werden können. Am Montag, 15. Juli, gibt es ab 11 Uhr eine zentrale Umfrageaktion auf dem Westfriedhof an der Friedhofsverwaltung.
Foto: Stadt Aachen / Harald Krömer