Großkölnstraße im Aufbruch
Die Ergebnisse von zwei Jahren intensiver Netzwerkarbeit kann man in der Großkölnstraße begutachten: erfolgreiche Geschäftsansiedlungen, Zusammenarbeit mit der Kunst- und Kulturszene und eine lebendige Interessensgemeinschaft.
Von Marianka Lesser
„Ze hebben hier prachtig werk geleverd.“ Zu Deutsch: „Das haben sie hier schön gemacht.“ Sichtlich stolz berichtet Citymanager Kai Hennes von einem Gespräch niederländischer Touristen, das er bei einem Spaziergang durch die Großkölnstraße zufällig aufschnappen konnte. Selbst Besuchern aus den Niederlanden ist also schon aufgefallen, dass sich die Straße zum Positiven entwickelt hat.
Was ist da passiert? Wer, wie, was und warum? Und vor allem: Wie soll es in Zukunft weitergehen? Darüber habe ich für euch mit Daniela Karow-Kluge und Kai Hennes vom Aachener Citymanagement sowie Gabriele Wiehe, Geschäftsführerin der Aachener Filiale von Sinn, gesprochen.
So ging es los
Der Anstoß für die Initiative in der Großkölnstraße ging von der Stadtverwaltung aus. Sie hatte eine abteilungsübergreifende Taskforce „Innenstadtmorgen“ gegründet, um die Aachener Innenstadt zu stärken. Straße für Straße will diese Taskforce die Innenstadt attraktiver machen. Anfang 2022 nahm man sich die Großkölnstraße als erste Straße für eine intensive Zusammenarbeit ins Visier.
Den Start machte eine Straßenkonferenz mit über 60 Teilnehmenden. Seitdem wurden vielfältige Maßnahmen ergriffen, um Leestände zu beleben, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und ein aktives Netzwerk vor Ort zu bilden.

Teilnehmende beim Innenstadtmorgen Netzwerktreffen zur Großkölnstraße (Foto: Stadt Aachen / Andreas Steindl)
Neues Leben in ehemaligen Leerständen
Das Förderprogramm „Ladenliebe“ der Stadt Aachen unterstützt Ansiedlungen mit NRW-Landesmitteln. In der Großkölnstraße wurden so bereits drei neue Geschäfte gefördert: der Conceptstore für Einrichtung Wohn-Raum-Liebe sowie die Modegeschäfte Et Modelädche und OUI.
Bis zum Jahresende 2023 hat man ihnen stark vergünstigte Ladenmieten angeboten, um mit ihren Neueröffnungen in Aachen Fuß zu fassen. Dazu trat die Stadt Aachen als Hauptmieter für die Geschäftsflächen auf und vermietete zu einem Bruchteil des eigentlichen Mietpreises an die drei Geschäfte unter. Das Prinzip scheint aufzugehen: Die Geschäfte konnten Fuß fassen und die Gebäudeeigentümer ein Vertrauensverhältnis zu ihren neuen Mietern aufbauen. Alle drei werden ab 2024 eigenständig die volle Miete zahlen.
Ohne finanzielle Unterstützung der Stadt eröffneten außerdem das Geschäft für Second-Hand-Bekleidung ReSales, das Restaurant Heer Indian Cuisine und die Fahrschule Von Helden. Das Bekleidungsgeschäft Kisters verlegte seinen Verkaufsort in die Großkölnstraße. Im gleichen Zeitraum schlossen die Filialen von Birkenstock und Tedy. Zum Jahresende wird die Tchibo-Filiale schließen.
Fazit: In den vergangenen zwei Jahren gab es in der Großkölnstraße mehr Geschäftseröffnungen als -schließungen. Dabei erhöhte sich der Anteil inhabergeführter Geschäfte in der Straße. Das heißt: mehr Geschäftsinhaber, die sich mit Aachen und der Großkölnstraße persönlich identifizieren, ihre Entscheidungen eigenständig und lokal treffen und individuelle Geschäftskonzepte umsetzen.
Kunst und Grün verbessern die Aufenthaltsqualität
Dank mobiler Bäume, Blumenampeln an Straßenlaternen und Pflanzkübeln ist die Großkölnstraße deutlich grüner geworden. Außerdem wurden Bänke gereinigt und neue Bänke sowie gelbe Stühle mit dem Schriftzug „Großköln“ aufgestellt.
Gemeinsam mit der Aachener Kultur- und Kreativszene wurde experimentiert: Streetart-Künstlerinnen gestalteten temporäre Wände, um Baustellen und Leerständen ein schöneres Erscheinungsbild zu geben. Das Startup everwave und die Künstlerin Laserkatze gestalteten die Schaufenster von Leerständen als „Zwischennutzung“. Punktuelle Konzerte von Weihnachtsmusik bis Jazz belebten die Straße.
Künstler und Passanten kamen ungezwungen miteinander ins Gespräch. Die Aktionen sorgten für Freude und ein Lächeln bei den Besuchenden. Gebäudeeigentümer von Leerständen sind dank der künstlerischen Maßnahmen wieder stolz auf ihre Gebäude und motiviert, ihre Wiedervermietung voranzutreiben.
Fazit: Das Erscheinungsbild der Straße ist durch die Maßnahmen deutlich freundlicher geworden. Die Kultur- und Kreativwirtschaft wurde als Partner erfolgreich mit ins Boot geholt.

Streetart-Künstlerin Julia Schneider vor ihrem Kunstwerk in der Großkölnstraße (Foto: Stadt Aachen)
Eine Interessensgemeinschaft bildet sich
Zwei Straßenkonferenzen und zwölf Netzwerktreffen haben stattgefunden. Das Kernteam der Interessensgemeinschaft „Großkölnstraße“ bilden Vertretende von vier Geschäften und zwei engagierte Gebäudeeigentümer. Andere Geschäftsinhabende und Eigentümer engagieren sich punktuell. Insbesondere viele Filial-Vertretende haben sich mit der Zeit aus dem Netzwerk zurückgezogen.
Mit anderen Interessensgemeinschaften wie „Annastraße“ und „Markt“ werden Austausch und Kooperation gesucht. Die Citykirche St. Nikolaus bringt sich insbesondere als Veranstaltungsort ins Netzwerk ein.
Die städtische Taskforce „Innenstadtmorgen“ ist inzwischen Richtung Adalbertstraße als nächste „Fokus-Straße“ weitergezogen. Sie hat die Verantwortung für die Weiterentwicklung der Großkölnstraße an das Netzwerk vor Ort übergeben und steht den Beteiligten beratend weiter zur Verfügung.
Fazit: Es ist gelungen, eine Interessensgemeinschaft für lokales Engagement in der Großkölnstraße aufzubauen, die noch wachsen und sich weiterentwickeln möchte.
Was wird die Zukunft bringen?
Bei der zweiten Straßenkonferenz im September legten die rund 30 Teilnehmenden ihr Zukunftsmotto fest: „Großköln wird grün“. Die Aufenthaltsqualität soll durch weitere Begrünungsaktionen gesteigert werden.
Neben neuen Herausforderungen durch angekündigte und mögliche Schließungen hat sich auch ein neuer sozialer Akteur angekündigt, der aktiv auf der Großkölnstraße mitmischen möchte: Das Uniklinikum wird mit einer Station zur Blutspende zuziehen und plant Sensibilisierungsaktionen zur Blutspende in der Fußgängerzone.
Bereits im Advent können wir uns auf Weihnachtsdeko, die liebevoll in einer Gemeinschaftsaktion der Geschäftstreibenden hergestellt wurde, und Weihnachtskonzerte an allen vier Adventswochenenden in der Großkölnstraße freuen.
Und du? Beeindruckt von den vielen Aktivitäten, die in der Großkölnstraße stattgefunden haben, damit wir es dort wieder schöner haben? Dann setz dich doch demnächst einfach mal auf eine der Bänke oder einen der gelben Stühle und lass die Straße auf dich wirken.
Und, falls du dann sogar eine kreative Idee zur weiteren Aufwertung der Straße hast: Melde dich bei der Interessensgemeinschaft oder beim Aachener Citymanagement.
Bildnachweis Titelfoto: Peter Grube (oben rechts), Stadt Aachen