Viele gute Gründe, am Sonntag wählen zu gehen
Genau eine Woche vor der Europawahl hat Pulse of Europe auf den Marktplatz eingeladen. In Redebeiträgen wird deutlich, dass viele Menschen sich Sorgen um Europa machen – und wie wichtig diese Wahl ist.
Von Alexander Plitsch
Es schlägt noch, das Herz Europas – da sind sich die Leute auf dem Marktplatz einig. Auch wenn es nur rund 200 Menschen sind, die am Sonntag dem Aufruf von „Pulse of Europe” gefolgt sind. „Früher haben wir den Katschhof voll gemacht”, erinnert sich eine Teilnehmerin. „Aber immerhin, wir sind hier.”
Es ist bedroht, das Herz Europas – auch da sind sich die Leute auf dem Marktplatz einig. „40 Prozent der Menschen haben bei der vergangenen Europawahl keinen Gebrauch von ihrem Wahlrecht gemacht”, sagt Städteregionsrat Tim Grüttemeier bei seiner kurzen Ansprache. Das sei vergleichsweise sogar ein guter Wert gewesen, doch angesichts wachsender Herausforderungen und der Bedrohung für die Demokratie sei es diesmal besonders wichtig, die eigene Stimme abzugeben.
Neben Grüttemeier sprechen auch Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen und Luc Franc, Bürgermeister in Kelmis. Sie betonen, wie deutlich die Grenzschließung in Corona-Zeiten ihnen und vielen Menschen vor Augen geführt habe, was von der europäischen Integration abhängt – und wie selbstverständlich sie in unserem Alltag geworden ist, gerade in unserer Region.
Das gelte insbesondere für junge Menschen, bestätigt Kabarettist Jürgen Beckers. Von seinen Kindern und Schülern berichtet der Lehrer, viele könnten sich nicht mehr vorstellen, dass es zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden vor nicht allzu langer Zeit richtige Grenzen gab. Diese gewonnene Freiheit gelte es zu verteidigen, auch an der Wahlurne: „Freiheit und Lachen – das ist das größte Gift für Diktatoren.”

Kabarettist Jürgen Beckers am Pulse of Europe Mikrofon. (Fotos: Alexander Plitsch)
Nach dem offiziellen Teil steht das Mikrofon allen Anwesenden für kurze Redebeiträge zur Verfügung. Eindrucksvoll, welch vielfältige Perspektiven sich dabei zeigen. Da ist der Schulsprecher und Abiturient, der an das Sylt-Video erinnert: Aufgrund seiner Hautfarbe habe er Angst – um sich, seine Freunde, seine Familie. Dabei sei er doch in Deutschland geboren und genau so Deutsch wie alle anderen Anwesenden.
Da ist die Mutter eines Sohnes mit Behinderung, die vor dem Erstarken der Rechten warnt und an den jüngsten Vorfall in Rheydt erinnert. Dort haben Unbekannte an Pfingsten einen Ziegelstein mit der Aufschrift „Euthanasie ist die Lösung“ ins Fenster eines Wohnhauses der Lebenshilfe geworfen.
Da ist der Student, der von seinem Erasmus-Jahr in Schweden berichtet und von Reisefreiheit bis zur Krankenversicherung einen ganz konkreten Einblick in die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft bietet.
Den perfekten Schlusspunkt setzt Gitarrist Freddy von der Band „The Farside” aus Würselen, die die Veranstaltung musikalisch begleitet: Er wolle sich outen als jemand, der kaum Nachrichten lese und sich wenig mit Politik beschäftige. „Aber ihr habt mich heute gecatcht. Ich werde auf jeden Fall diesen Wahlzettel am Sonntag abgeben.”
Da können sicher auch die Organisatoren von Pulse of Europe zufrieden sein: Mission erfüllt.