Regiotram und Campusbahn in Aachen

Straßenbahn in Aachen: Ein neuer Versuch

Published On: 29/09/2024

50 Jahre ist es her, dass die letzte Straßenbahnlinie in Aachen stillgelegt wurde. Seitdem gab es mehrere Anläufe zur Wiedereinführung – bislang sind alle gescheitert. Warum eigentlich? Und verspricht die jetzt geplante Regiotram mehr Erfolg?

Von Calvin Meyer

Bis zum 29. September 1974 fuhr in Aachen 79 Jahre lang eine elektrische Straßenbahn. Das Schienennetz war das wichtigste Verkehrsmittel in der Stadt und Region. Bis nach Eupen und Eschweiler fuhren die Linien. In der Nachkriegszeit aber wurde die Straßenbahn allmählich durch Busse ersetzt. 1974 wurde die letzte Linie eingestellt.

Seitdem gab es drei Versuche, wieder eine Straßenbahn einzuführen. Erste Planungen in den 1990ern kamen nicht über die Konzeptphase hinaus, ehe sie 1999 beendet wurden. 2012 wurde die erstmals 2009 entwickelte Idee der Campusbahn vorgestellt, die schnell Unterstützung in der Politik fand. Mit einem Bürgerentscheid lehnten die Aachener die Bahn aber schlussendlich ab.

Seit 2018 wird nun offiziell das Projekt der Regiotram verfolgt. Die Regiotram ist derzeit in der Planungsphase und der Baubeginn soll in vier bis fünf Jahren erfolgen.

Warum wurde die alte Straßenbahn stillgelegt?

Offiziell wurde die Stadtbahn aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Ein Gutachten aus der damaligen Zeit kam zum Schluss, dass die ASEAG den Schienenverkehr bis 1980 beenden sollte. Allerdings wurde die einseitige Stellungnahme der Gutachter kritisiert. Der Busverkehr war zwar günstiger, aber die Straßenbahn in Aachen war modern und keine wirtschaftliche Belastung.

Politische Gründe waren eher ausschlaggebend. Damals war das Konzept der „autogerechten Stadt” in Mode. Innenstädte wurden umgebaut, um den Autoverkehr anzuziehen – Schienenverkehr auf den Straßen passte nicht in dieses Bild. Daher wurde Aachens Straßenbahnnetz stillgelegt, obwohl es in jeder Hinsicht gut funktionierte.

Aachen war mit dieser Entwicklung eher spät dran. Während Aachen seine Schienen abbaute, bauten einige Städte, etwa in Frankreich oder Nordamerika, ihre eingestellten Stadtbahnbetriebe bereits wieder auf. Die Vision der autogerechten Stadt war schon wieder im Niedergang.

Was war die Campusbahn?

Der zweite groß angelegte Versuch, die Stadtbahn wieder auferstehen zu lassen, folgte in Form der Campusbahn. Wie der Name vermuten lässt, war die Anbindung an Gebäude der RWTH ein großes Anliegen. Dennoch war das Projekt nicht nur für Studierende gedacht.

Die Strecke sollte im Westen am Uniklinikum beginnen und von dort durch die Innenstadt führen. Haltestellen sollten unter anderem am Campus Melaten, am Hauptgebäude der RWTH, am Bushof und an den Bahnhöfen Aachen West und Aachen Rothe Erde stehen. Im Osten sollte die Bahn bis nach Aachen Brand fahren.

Geplant wurde eine Inbetriebnahme 2018. Anschließend sollte der Ausbau einer zweiten Strecke zwischen Vaals und Würselen erfolgen, die sich am Uniklinikum und am Bushof mit der ersten Linie kreuzt.

Woran scheiterte die Campusbahn?

Die Bürgerbewegung „Campusbahn – Größenwahn” stellte sich gegen das Projekt. Die Befürchtung: zu hohe Kosten und viele Baustellen. Im Angesicht der Erfahrungen mit anderen großen Verkehrsprojekten, etwa Stuttgart 21 oder auch am Aachener Kreuz direkt außerhalb der Stadt, bestand eine große Skepsis gegenüber der Campusbahn. Der Glaube, dass auch dieses Projekt viel länger dauern und mehr kosten würde als geplant, schadete der Idee.

Zudem wurde befürchtet, die Bauarbeiten würden weite Teile der Innenstadt lahmlegen. Auch die Strecke selbst wurde kritisiert, da viele Orte nur durch mehrfaches Umsteigen zwischen Bus und Bahn erreichbar gewesen wären.

Während die Politik das Vorhaben breit unterstützte, kam es im Bürgerentscheid 2013 zu einer Mehrheit gegen die Campusbahn. Damit war die Idee Geschichte. Der Vorschlag der Kritiker, stattdessen vermehrt Elektrobusse einzusetzen, wurde in den Folgejahren umgesetzt.

Was macht die Regiotram besser?

Beim aktuellen Projekt der Regiotram sollen 95 Prozent der Kosten aus Förderungen durch Land und Bund getragen werden. Für die Stadt ist der Kostenaufwand vergleichsweise gering. Zudem wird die Beeinträchtigung auch durch den Verlauf der Strecke minimiert. Innerhalb Aachens verläuft sie unter anderem über den Kapuzinergraben. Dieser ist für den Autoverkehr jetzt schon teilweise gesperrt und bis zum Baubeginn wird die Straße komplett autofrei sein. Daher belasten die Bauarbeiten den Autoverkehr hier nicht.

Weiter nördlich verläuft die Strecke durch die alte Bahntrasse Nord und dann parallel zur Krefelder Straße. Auch an diesen Stellen wird der Autoverkehr nur vergleichsweise wenig durch die Bauarbeiten beeinflusst. Baustellen werden an anderen Stellen den Verkehrsfluss zwar beschränken, aber es ist keine durchgängige Stilllegung zu befürchten, wie es sie bei der Campusbahn gegeben hätte.

Die Regiotram hat auch ein anderes Konzept. Statt einer Bahn ausschließlich in Aachen ist sie in erster Linie eine Verbindung zwischen Aachen und den Nachbarstädten. Bei der Campusbahn stellte sich die Frage, ob eine neue Buslinie nicht dieselbe Strecke für einen Bruchteil der Kosten befahren könnte. Für Würselen, Alsdorf und Baesweiler dagegen gibt es in dieser Hinsicht keine Debatte: Die Regiotram ist hier dem Bus mit knapp der halben Fahrzeit bei fast identischer Strecke klar überlegen.

 

Titelbild: Montage-Bilder der Campusbahn (Tema AG)