Zehntausendmal Nein zur AfD

Published On: 23/01/2024

Rund 10.000 Menschen haben am Samstag in Aachen gegen die AfD und den gesellschaftlichen Rechtsruck demonstriert. Weitere Demos in der Region sind bereits geplant.

 

Von Michael Klarmann

Das Ende der Demonstration ist etwa 100 Meter von der Abschlusskundgebung entfernt. Während diese im Frankenberger Park deutlich kleiner ausfällt als der Protestzug zuvor, stimmen Musiker mit Akustikgitarren und andere Teilnehmer am Ende der Demonstration in der Bismarckstraße ein Lied an. Zur Melodie eines AC/DC-Klassikers erklingt das frei interpretierte „Noooo A-f-D-!“ Die Partei führe die Gesellschaft, wird weiter gesungen, auf den „Highway To hell“.

Es ist das Ende eines beeindruckenden Protestzuges von rund 10.000 Menschen, die am Samstag gegen die AfD, gegen rassistische Abschiebe- und Vertreibungspläne und gegen einen gesellschaftlichen Rechtsruck demonstriert haben. Für die Kaiserstadt dürfte es – bei eisiger Kälte – die größte Demonstration nach „Fridays for Future“ im Jahr 2019 gewesen sein. Seinerzeit zogen rund 35.000 bis 40.000 Menschen in drei Demonstrationszügen zum Tivoli.

Ursprünglich hatte die erst vor wenigen Wochen neu gegründete „Antifa Jugend Aachen“ die Demonstration bereits im November angemeldet. „Antifa stays united“ lautete das Motto – demonstriert werden sollte allgemein aus radikal-antifaschistischer Sicht „gegen Faschismus, gegen Antisemitismus, gegen Rassismus“. Nach Medienberichten über das Treffen von Rechtsextremen, Unternehmern, AfD-Vertretern und Mitgliedern der reaktionären „WerteUnion“ und möglichen Plänen, Migranten massenhaft abzuschieben oder zu vertreiben, wurde der Protestaufruf dann diesbezüglich angepasst.

Vor der Demonstration entwickelte sich in den sozialen Netzwerken eine enorme Dynamik. Viele Aachener riefen dazu auf, sich der Antifa anzuschließen und so möglichst rasch ein deutliches Zeichen gegen die AfD und den Rechtsruck zu setzen. Statt der zunächst erwarteten 150 Teilnehmer, die später bei einer Konkretisierung der Anmeldung auf 500 aufgestockt wurden, erlebt Aachen an diesem Samstag das Gleiche wie andere Städte, in denen derzeit gegen Rechts demonstriert wird. Der Vorplatz des Hauptbahnhofs ist bereits eine halbe Stunde vor dem offiziellen Beginn fast voll.

„Alle zusammen gegen den Faschismus!“

Wenig später registriert die Polizei einen weiterhin ungebrochen und ungewöhnlich starken Zulauf. In der Spitze ziehen dann rund 10.000 Menschen durch Aachen. Unter ihnen viele junge Menschen, junge Eltern mit ihren Kindern, „Omas gegen Rechts“ und andere Senioren, Linksradikale und Antifaschisten, Vertreter und Mitglieder von Gruppen, Initiativen und den meisten Parteien – darunter auch Lokalpolitiker, Ratsmitglieder und Abgeordnete. Immer wieder hallen zwei markante Parolen durch Aachens Straßen: „Alle zusammen gegen den Faschismus!“ Und: „Ganz Aachen hasst die AfD!“

 

Der Protestzug ist so lang, dass das Ende noch auf der Franzstraße ist, während die Spitze bereits über den Kaiserplatz an St. Adalbert vorbeizieht. Die Demonstration wirkt jedoch wie zweigeteilt. Die Organisatoren, linksradikale Antifaschisten, führen sie an. Auf einem Transparent erinnert der Frontblock daran, dass die AfD-Leute wieder töten wollen – und zwar Andersdenkende oder solche, die in ihrem Weltbild nicht deutsch genug sind. Provokanter Vorschlag der Antifaschisten: Besser die „Nazis abschieben“, bevor sie noch mehr Unheil anrichten.

Nach diesem Frontblock folgt eine beeindruckende Zahl weiterer Menschen. Parolen werden hier nur noch sporadisch gerufen. Aber die AfD kommt auch in diesem Teil auf keinem der unzähligen Transparente und Plakate gut weg. Farblich einer Hakenkreuzfahne nachempfunden – bluttriefender Grund, weißer Innenkreis – blickt einem aus der Mitte das schwarze Konterfei Adolf Hitlers auf einem Schild entgegen. Hitlers Schnurrbart besteht aus drei Buchstaben: A, f und D.

„Keine Printen für Nazis“

Auf einem Plakat steht: „Asoziale Fordern Deportationen“. Die Aufschrift auf einem anderen Schild warnt die Rechtsextremen: „Finger weg von Nachbarn, Freunden, Kollegen, Familie!“ Eher lokal formuliert eine junge Frau: „Öcher gegen Nazis! Au Hur!“ Auf anderen Schildern steht: „Keine Printen für Nazis!“ Selbst ihnen und der AfD wird in Aachen traditionell Braunes nicht gegönnt.

Als die Musiker und Hobbysänger bei klirrender Kälte vor dem „Highway To Hell“ der AfD warnen, hat sich die Demonstration weitgehend aufgelöst. So wie die Menschen aus allen Himmelsrichtungen innerhalb kürzester Zeit zum Hauptbahnhof geströmt waren, so zerstreuen sie sich nach 18 Uhr wieder. Im schneebedeckten Frankenberger Park halten dagegen vor allem junge Leute aus der Antifa- und Musikszene ihre Abschlusskundgebung ab.

Im Schatten der historischen Mauern der Burg Frankenberg gehen die Smartphones an, nachdem einer der Redner alle dazu aufgefordert hat. Das Lichtermeer erhellt den dunklen Park nur mäßig, aber eindrucksvoll. Und dann schallt es wieder laut und deutlich: „Ganz Aachen hasst die AfD!“

Die Polizei wird später in ihrem Bericht bilanzieren, dass Demonstrierende auf der Wilhelmstraße einen „Rauchtopf“ gezündet und später am Abend Pyrotechnik im Park abgebrannt hätten. Sie hat deswegen Ermittlungen eingeleitet. Weiter schreibt die Behörde: „Bis auf diese Vorfälle begleitete die Polizei Aachen einen lautstarken aber friedlichen Versammlungsaufzug.“ Und sie merkt noch an, dass es in der Innenstadt „zu deutlichen Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs“ gekommen sei.

Derweil bereiten sich die Beamten schon auf den nächsten Einsatz vor. Am kommenden Samstag wird ein breites Bündnis erneut in Aachen demonstrieren.

 

In der Region sind weitere Kundgebungen gegen einen gesellschaftlichen Rechtsruck und das Erstarken der AfD geplant:

  • Am 27. Januar (13 Uhr) findet in Aachen (Hauptbahnhof) eine Demonstration unter dem Motto „Wir sind Aachen. Nazis sind es nicht“ statt. Ab 14 Uhr soll eine Kundgebung auf dem Markt folgen. Veranstalter ist ein breites Bündnis rund um den „Runden Tisch gegen Rechts“.
  • Am 27. Januar (10 Uhr) findet in Eschweiler (Dreieinigkeitskirche) eine Kundgebung unter dem Motto „Eschweiler steht zusammen“ Vereint gegen Diskriminierung und Hass, weiter für eine bunte und tolerante Stadt“ statt.
  • Am 27. Januar (12 Uhr) findet in Düren (Kaiserplatz) eine Demonstration unter dem Motto „Demokratie verteidigen! Düren gegen Rechts!“ statt. Veranstalter ist ein breites Bündnis rund um die „Dürener Bürger gegen Rechts“ und das „Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt“. Zeitgleich findet eine Versammlung von Rechtsradikalen und Verschwörungsideologen statt.
  • Am 3. Februar (15 Uhr) findet in Erkelenz (Konrad-Adenauer-Platz) eine Demonstration unter dem Motto „Demokratie verteidigen! Der Kreis Heinsberg gegen Rechts“ statt. Veranstalter ist ein breites Bündnis rund um das „Bündnis gegen Rechtsextremismus – für Demokratie und Toleranz im Kreis Heinsberg“.

 

Foto: Michael Klarmann